My Illness Is the Medicine I Need für Sopran, Violine, Violoncello und Klavier (2002)
14′
Text: Interviews aus dem Benetton-Magazin „Colors“, Textbearbeitung: Thomas Larcher
Auftragswerk des Festivals Spannungen 2002
UA: 13.06.2002, Heimbach (DE) | Juliane Banse (Sopran), Christian Tetzlaff (Violine), Nikolaj Schneider (Violoncello), Thomas Larcher (Klavier)
My illness is the medicine I need.
I think I’ll stay here until I die, I’m tired of life. I don’t like freedom. The world frightens me.
Eat and sleep. Eat and slep. The monotony here kills you.
I like it when people ask me the time. It’s almost a conversation.
I don’t know why I’m here. I’ve no idea. I think people are brought here to be killed. I’m scared to death. Death will come to me covering all my body. And I will be silent forever.
Once they give you an injection you instantly stop hearing voices.
Hörbeispiel
Andrea Lauren Brown (Sopran), Christoph Poppen (Violine), Thomas Demenga (Violoncello), Thomas Larcher (Klavier) | CD IXXU
Programmnotiz
Die Texte sind Zitate aus dem Magazin „Colors“ Nr. 47, das von FABRICA, der vom Fotografen Oliviero Toscani initiierten „Denkfabrik“ des Benetton-Konzerns herausgegeben wird.
Das Heft Nr. 47 trägt den Titel „Madness/Follia“ und enthält mehrere Text-Bildreportagen über Nervenheilanstalten auf der ganzen Welt. In eindringlichen Fotos und meist sehr prägnanten, kurzen Texten wird hier die Realität aus der Sicht der Patienten dargestellt (d.h. die meisten Texte sind Zitate der Patienten bzw. Interviews mit den Patienten).
Daraus habe ich wiederum einige Splitter gewählt. Diese Sätze sind von ungeheurer Kraft, können aber natürlich nicht den Anspruch erheben, ein umfassendes Bild der verschiedenen Menschen, von denen die Aussagen stammen, zu vermitteln. Stroboskopähnlich erscheinen Fetzen aus deren Welt.
Übersetzungen in die englische Sprache bilden in dem Magazin einen roten Faden. Deshalb wählte ich ebenfalls Englisch als Sprache.
Die Texte werden stark nach musikalischen und strukturellen Vorgaben „instrumentalisiert“. Manchmal wird auch – im Schönberg’schen Sinne – gegen den Text komponiert. Demgemäß ist die Stimme in diesem Zyklus nur eines von vier Instrumenten. Für einen Sopran geschrieben umgehen die Lieder jedoch viele Ausdrucksbereiche, die sowohl in der klassischen als auch in der modernen Musik gerne angewendet werden.
Die Sängerin spricht oft mit und zu sich selbst. Sie sucht (den Texten entsprechend) sich selbst, sie ertastet sich ihre eigene Realität. Das hat zur Folge, dass die Stimme kaum espressivo oder mit exaltiertem Ausdruck eingesetzt wird, sondern meist in einem fahlen Ton verharrt, der den Texten Raum gibt. Sie ist in diesen Passagen nur ein Auslöser von Prozessen, welche sich dann in den anderen Instrumenten entladen.
Thomas Larcher