Konzert für Violine und Orchester (2008/2009)
24′
Auftragswerk des Radiosymphonieorchesters Wien, der Deutschen Radio Philharmonie Saarbrücken Kaiserslautern und der ZaterdagMatinee, Concertgebouw Amsterdam
UA: 26.03.2009, Wien (A) | Isabelle Faust (Violine), Bertrand de Billy (Dirigent), RSO Wien
I Slow · Very Fast
II Flowing · Slow, Static · Double Tempo
Besetzung
2 (2. auch Picc.) · 2 (2. auch Metal Chimes) · 2 (2. auch Bassklar.) · 2 (2. auch Kfg.) – 2 · 2 · 1 (auch Nietenbeck.) · 0 – P. S. (Glsp. · Crot. · Xyl. · Vibr. · Marimba · 5 Kalimbas · Gongs · Gl. · Röhrengl. · Trgl. · Beckenpaar · hg. Beck. · kl. Nietenbeck. · Kuhgl. · Watergong · gr. Tamt. · kl. Tr. m. u. o. Schnarrsaiten · Indian Drum · Tabor [provenz. Tr.] · gr. Tr. · Flex. · Light Paper mit Drumsticks · Bratpfanne mit Drumsticks) (3 Spieler) – Hfe. (auch kl. Tr. · Peitsche · Ratsche · Kuhgl.) · Akk. (auch gr. Tamt.) · Klav. (auch Cel. · Kuhgl.) – Str. (8 · 6 · 5 · 4 · 3) [Die Schlaginstr. in Bläsern, Hfe., Akk. und Klav. können auch von einem 4. Schlagzeuger übernommen werden]
Hörbeispiel
Isabelle Faust, Kazuki Yamada, BBC Symphony Orchestra | London 2011
Programmnotiz
Zwei gegensätzliche Konzepte prägen die beiden Sätze meines Violinkonzerts.
Geht es im ersten Satz um rhythmische Energie und die Möglichkeiten eines Orchesters, diese Energie … angeregt von einem Soloinstrument … umzusetzen, so ist es im zweiten Satz ein kreisförmiges „Quintenzirkel-Passacaglia“-Konzept, das den Verlauf des Stücks bestimmt.
Angeregt durch rumänische Volksmusik und deren Fortspinnung durch Béla Bartók, György Ligeti und andere, wollte ich versuchen, diese archaische Energie (wieder einmal) zu bündeln, zu fokussieren, auf den Boden zu bringen.
Das Orchester ist klein besetzt, um eine gewisse rhythmische Mobilität zu gewährleisten. Andererseits ist es aber eben doch ein Orchester, mit seiner Masse und seiner Wucht, das den Rhythmen und Ausbrüchen auch sein „Gewicht“ geben kann.
Der zweite Satz ist ein „ausgeschriebener“ Quintenzirkel im Dreivierteltakt … das heißt, dass die Töne des Quintenzirkels sich in einer langen Kette chromatisch nach oben schrauben. Ausgehend von der leeren C-Saite eines Cellos, erscheinen alle Töne, dann wiederholt sich das Ganze vom Cis aus etc. etc. … auf jeden Dreivierteltakt kommt dabei ein neuer (Grund-)Ton.
Zu Beginn versuchte ich, hier auf tonaler Basis einen Bogen bis zum Schluss, das heißt bis zur Wiederkehr des Tones c (eine Oktav höher), zu ziehen.
In der Mitte, der (katastrophischen und orgiastischen) Mitternacht, auf dem Fis angelangt, bei deren Eintreten alle Uhren zwölf schlagen, musste ich diese Entwicklung stoppen. Es war, als hätte der Eintritt der Mitternacht ein Loch in die Erdkruste gerissen, ein Loch der Verwirrung, in das alle und vor allem das Solonistrument, hineingezogen werden.
Der Quintenzirkel erscheint danach nur mehr schemenhaft, als eine fahle Erinnerung, die Instrumente entfernen sich gänzlich voneinander, jeder spielt für sich, am Ende bleiben ein paar Tonfäden …
Thomas Larcher